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Honig vom Weinviertler Meisterimker-Ehepaar Hagelkruys

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Verena Hagelkruys im Advent zu einem Gespräch zu bitten, ist keine leichte Aufgabe. Öffnungs- und Schlusszeiten der Weihnachtsmärkte geben den Tagesrhythmus vor. An einem Sonntagmorgen begleite ich die Meisterimkerin telefonisch im Auto zum Weihnachtsmarkt auf der Rosenburg. Auf 16 Weihnachtsmärkten ist die Weinviertlerin  heuer mit ihrem Bio-Honig vertreten. In dieser Zeit des Jahres ist Verena die fleißigste Biene, die anderen Millionen haben ihren Job schon im Frühjahr und Sommer erledigt.

Von Fahndorf (unweit von Hollabrunn) aus, bis nach Graz verstreut befinden sich die knapp 1000 einzelnen Hagelkruys’schen Bienen-Kolonien, entweder im Wald oder auf biologisch genutzten landwirtschaftlichen Flächen. Derzeit macht das gesamte Volk nur ein Sechstel seiner sommerlichen Größe von 60.000 Bienen aus: Die Stämme dezimieren sich im Winter von selbst.  Momentan finden sich in den Holzkästen also gerade einmal 10.000 Bienen. Der natürliche Rückgang entsteht, weil die Sommer-Arbeiterin nur zwei Monate lang lebt und die Königin im Winter weniger bis gar keine Eier legt. Dafür haben Winterbienen eine verlängerte Lebensdauer von insgesamt acht Monaten.

Fleißige Biene und fauler Willi – der Rhythmus im Honiggeschäft

Erst wenn es wieder wärmer wird, vergrößert die Königin ihre Heerschaar wieder. Für den alljährlichen Blüten- und damit Bestäubungshöhepunkt im April und Mai braucht sie eine Armada an Arbeiterinnen. Nach der Sommersonnenwende, also wenn die Pflanzen schon erste Früchte tragen, reduzieren sich die Bienenvölker wieder langsam. Ab August fahren sie auch ihre Honigproduktion runter. Die Bienen verlangen, ab sofort bis zum nächsten Frühling in Ruhe gelassen zu werden. Dem Rhythmus und den Gesetzen der Natur zu folgen, ist auch die wichtigste Lektion, die Verena während ihrer Imkerinnen-Laufbahn gelernt hat:

„Ich kann die Biene nicht an mich anpassen, sondern ich muss mich an die Biene anpassen. Die Biene ist nicht domestiziert. Ich bin nur dann erfolgreich, wenn ich mich der Biene unterordne.“

Wenn die Bienen pausieren, geht es für Verena Hagelkruys und ihren Mann Thomas so richtig los: Sie starten die Verarbeitung der über die vergangenen Monate eingesammelten Honigwaben. 14 verschiedene Honigsorten wurden im vergangenen Jahr geschleudert. Jede Sorte zeichnet sich dadurch aus, dass sie in einer anderen Region und zu unterschiedlichen Blütezeitpunkten hergestellt wurde. Waldhonig kommt vom Honigtau, den Insekten, wie Blattläuse, im Wald produzieren und der von den Bienen eingesammelt wird. Waldblütenhonig hingegen entstammt dem Nektar von Brombeer-, Himbeer- und Heidelbeersträuchern und die Basis für den Sonnenblumenhonig bildet, wenig überraschend, die Sonnenblume. Je nach Standort kann ein Volk zwischen zwei und fünf Mal geschleudert werden.

Bienensterben: ein Mythos?

Bei all den Gedanken an das süße Gold, kommt unweigerlich die Panik auf, ob denn auch in Zukunft noch genug davon fließen wird? „Ja“, sagt Verena. Als Vorstandsmitglied der österreichischen Erwerbsimker hat sie umfassenden Einblick und relativiert die Ängste, die rund um das Bienensterben geschürt werden:

„Das wird in den Medien leider missverständlich dargestellt.“

Das Bienensterben betrifft – nicht minder tragisch – in erster Linie die Wildbienen, die für die Bestäubung genauso wichtig sind wie die Honigbiene. Die Imker in Österreich sind aber locker in der Lage, den Honigbienenbestand jährlich zu verdreifachen. Dass das Artensterben trotzdem nicht weniger tragisch ist, daraus macht Verena aber keinen Hehl. Weil die Wildbiene keine Lobby hat, ging ihr Bestand in den letzten 20 Jahren um dramatische 80% zurück.

Verenas Ausfall lag im letzten Jahr lediglich bei 8% und hatte ganz natürliche Gründe:

„Letztes Jahr war unser größtes Problem, dass ein Stamm von einem Mader ausgeraubt wurde.“

Dass Verena ihren Ausfall so niedrig halten kann, liegt auch an dem großen Fachwissen, das sie sich in den letzten Jahren angeeignet hat.

Computer gegen Bienenstock getauscht

 

Ich trau mich zu sagen, wir sind die modernste Imkerei, was die IT anbelangt!“

Das ist schlicht dem Umstand geschuldet, dass Verena und ihr Mann eine HTL für Betriebstechnik in Hollabrunn absolvierten, anschließend Informatik und Verfahrenstechnik studierten und dann über 20 Jahre für IBM arbeiteten. Alle diese Stationen absolvierten sie als Paar –  wohlgemerkt, denn die beiden sind seit ihrem 16. Lebensjahr unzertrennlich.

Dass sie der IT-Branche nicht bis zu ihrer Pensionierung treubleiben wollten, das war den beiden schon früh klar. Dass sie aber einmal die Computer gegen Bienenstöcke eintauschen würden, das hätte Verena als Jugendliche für sich ausgeschlossen. Verena wurde von Kindesbeinen an mit Bienen sozialisiert. Ihr Vater, ein Vollblut- und Vollzeitimker, band seine Frau und Tochter stark in seine Leidenschaft ein und nahm sie zu allen Fortbildungen mit. Nicht immer zur Freude der beiden Damen:

„Ich hatte nie Interesse an Bienen. Wenn man fortgehen will, als junger Mensch, und dann steht man stattdessen mitten im Wald in der Steiermark, findet man das eher unlustig.“

Nachdem sich Verenas Papa mehrmals für längere Zeit verletzte und sie und Thomas die Mutter beim Fortführen der Imkerei unterstützen mussten, eigneten sich die beiden immer mehr Fachwissen an. Als der Vater einige Jahre später beschloss, in Pension zu gehen und Verena und ihr Mann gerade intensiv über einen Job- und Branchenwechsel nachdachten, entschied das Paar eines Tages, dem Wunsch der Selbständigkeit den gelb-schwarzen Anstrich zu geben:

„Wir haben gesagt, wir kennen uns eigentlich mit Bienen aus und so schlimm ist es auch nicht!“

Innerfamiliärer Wettbewerb

Viele Jahre tanzten Verena und Thomas auf zwei Hochzeiten gleichzeitig, verfolgten ihre Karrieren bei IBM und stellten im Nebenerwerb ihren Imkerbetrieb auf solide wirtschaftliche Beine. Dass Verena und Thomas die Imkerei mit so viel Erfolg verfolgten, stachelte auch Verenas Papa wieder an, vorbei war es mit dem Ruhestand. Als Hobbyimker startete er erneut durch und befeuert seitdem den innerfamiliären Wettbwerb, ist Verenas Sparring- aber auch Kooperationspartner. Weil er als Imkermeister mit seiner Meinung zur Imkerei seiner Tochter nie hinter dem Berg hielt, wollte sich Schwiegersohn  Thomas ein für alle mal beweisen:

„Mein Mann hat gesagt: „Jetzt reicht’s, wir machen jetzt auch den Imkermeister, ich kann es nicht mehr hören!“

Beim Ablegen der Imkermeisterprüfung bestachen beide unabhängig voneinander durch die exakt gleich hohe Punktezahl und einen Notendurchschnitt von 1 und krönten sich somit jeweils zu den besten Meistern Österreichs.

Das umtriebige Hagelkruys-Volk

Vor 4 Jahren setzten die Hagelkruys schließlich alle ihre Karten auf die Bienen. Dass die beiden nach 26 Jahren Beziehung und nun auch trotz der täglichen gemeinsamen Arbeit immer noch unzertrennlich sind, verwundert viele Außenstehende. „Wir sind einfach ein Team“, sagt Verena.

„Wenn ich nicht aktiv bin, werde ich unrund. Mein Mann ist auch so, da habe ich ein Glück!“

Diese Aktivität in Zahlen ausgedrückt bedeutet, dass die beiden 650! Produkte führen, alle in zertifizierter BIO-Qualität. 550 Produkte stellt Verena selbst her – viele davon sind Mischungen und Spezialprodukte wie Bienengiftsalben und Kosmetika:

„Ich kann ja nicht die ganze Zeit bei den Bienen arbeiten. Wenn eine Regenwoche ist, mache ich Lippenpflegestifte.“

Mittlerweile bilden Verena und Thomas sogar Imkerlehrlinge aus, eine Besonderheit, gibt es in ganz Österreich ja nur vier dieser Lehrlinge. In Hochzeiten helfen im Verkauf nicht nur die beiden Hagelkryus-Töchter und ihre Oma, sondern auch Freundinnen und Nachbarn sind mit von der Partie:

„Wir haben immer eine rechte Gaudi im Betrieb!“

Vor meinem geistigen Auge höre und sehe ich sie alle herumwuseln, wie die fleißigen Bienen im Stock!