Joshi´s Anbieter

Parkour-Training im Joshitest

Lesezeit ca.: 7 Minuten

Augen auf und durch: Das Parkour-Testergebnis

Freitagnachmittag. Nach und nach trudeln insgesamt 13 freudig, aufgeregte Gesichter zwischen 14 und 40 Jahren am Treffpunkt ein. Ein kurzer gemeinsamer Aufwärmlauf führt ans untere Ende des Esterházy-Parks hinter dem Haus des Meeres. Gleich am Eingang gibt Parkour-Austria-Trainer Alex die erste Anweisung „Alle Neuen suchen sich bitte einen Partner, der schon einmal bei uns im Parkour-Kurs war! Und dann klettert ihr auf das Geländer und balanciert hinüber!“ Ein paar ungläubige Gesichter starren ihn an. „Was echt? Da geht’s ja auf der anderen Seite voll runter!“. Joshi-Co-Gründer Davids Lächeln friert ein. Er hat Höhenangst. „Das ist kein Problem“, sagt Alex, „du hast ja jemanden, der dich sichert!“ Zehn Minuten später kann David nicht fassen, dass er gerade wirklich über das Geländer balanciert ist. Sein Staunen hält bis zum Ende des Kurses an. Je öfter er sich in den eineinhalb Stunden in Situationen befand, in denen er eigentlich dachte „Das geht nicht“ und es dann trotzdem probierte, desto sicherer wurde er. Auch weil Alex es unheimlich schnell schafft, aus den vielen Individuen unterschiedlichen Alters, Größe und Leistungsniveaus eine Gruppe zu formen, die sich gegenseitig weiterhilft. Nicht nur der Trainer coached, sondern auch von den anderen Gruppenmitgliedern kann man sich Tipps und Tricks holen und vor allem ganz viel abschauen. Es ist faszinierend, wie kreativ und unterschiedlich die Hindernisse von den einzelnen TeilnehmerInnen überwunden werden.

Davids Fazit: Alex hat eine unglaublich entspannte Art zu unterrichten, die gleichzeitig auch ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Alex’ Credo:

„Lass dein Ego zuhause und wenn du dich nicht sicher fühlst, dann mach es nicht. Wichtig ist, dass du dich nicht verletzt.“

Eintauchen in die Parkour-Welt

Ein Interview mit Alex von Parkour-Austria beginnt natürlich nicht klassisch im Sitzen und an einem Tisch. Wir treffen uns auf der Mariahilfer Straße und streifen anschließend durch die Straßen, auf der Suche nach dem perfekten Spot, wo wir uns niederlassen können. Im von Alex angesteuerten Andreas-Park wimmelt es an diesem Freitagnachmittag vor ungestümen Kindern und Eltern, die versuchen, noch den Überblick zu bewahren. „Willst du weiterschauen, der nächste Park ist nicht weit?“, fragt er und lotst mich weiter durch die Straßen. „Du siehst die Stadt bestimmt mit einem ganz anderen Blick?“, denke ich laut und könnte die Antwort eigentlich schon vorweg an seinen wachen, umherwandernden Augen ablesen. „Ja, klar! Wir im Parkour nennen das den Parkour-Blick!“, antwortet er lachend.

Parkour das bedeutet, immer auf der Suche nach Hindernissen und Herausforderungen in der unmittelbaren Umgebung zu sein, um sie in einer Kombination aus Laufen, Klettern und Springen zu überwinden. Für Alex Charos, Sohn eines Griechen und einer Österreicherin, ist Bewegung und Parkour allgegenwärtig, selbst im Sitzen:

„Ich schau aus dem Fenster und denke mir, ah da könnte man was machen. Parkour wird zum Lebensstil“.

Wobei er festhält, dass es ihm im Parkour längst nicht alleine um die Bewegung an sich geht.

Die Philosophie hinter dem Sport

Eine fundamentale Geistes- und Wertehaltung liegt Alex’ Auslegung von Parkour zugrunde:

„Mit den Leuten am Spot arrangieren, den Spot so hinterlassen, wie du ihn vorgefunden hast. Nicht potentiell die Gesundheit auf’s Spiel setzen. Sonst ist es einfach nur Springen, ohne Philosophie.“

Dass er das mit dem Rücksichtnehmen und dem Miteinander nicht einfach nur sagt, sondern tatsächlich lebt, beobachte ich schon wenige Minuten später im Siebenstern-Park. Auch hier tummeln sich zahlreiche (Klein)Kinder auf den für sie errichteten Geräten und wild übereinander gehäuften Baumstämmen. Und mitten unter ihnen Alex, der sich wie eine Katze auf leisen Pfoten und mit einer unglaublichen Wendigkeit zwischen den Stämmen und Kindern hin und her bewegt. Und wenn gerade in dem Moment, in dem er zu einem Sprung ansetzen möchte, ein Kind auf ihn zuklettert, dann stoppt er und wartet so lange, wie das Kind eben braucht, bis es einen anderen Weg einschlägt. Ohne jegliches Anzeichen von Ungeduld. Weil es ihm egal ist, ob er den Sprung jetzt oder erst in fünf Minuten macht.

Als alter Hase im Parkour sieht Alex im Mindset auch den größten Unterschied zur jüngeren Generation:

“Die haben Parkour nie so kennengelernt, wie wir. Heutzutage zieht man sich die Turnschuhe an und dann macht man ein bissl Parkour und das war’s.”

Die Parkour-Pioniere Alex und Tom

Alex zählt wie sein Parkour-Austria-Partner Tom zu den Parkour-Pionieren in Österreich. Vor 14 Jahren,  als Alex per Zufall über diese Form der Bewegung stolperte, praktizierten gerade einmal fünf Leute hierzulande Parkour. 2003 hatte er den Film „Yamakasi“ gesehen. Ein billiger Action-Streifen, wie er sagt. Aber die Art und Weise, wie sich die Protagonisten – die französischen Gründer der weltweiten Parkour-Szene – darin bewegten, war ihm zuvor noch nie untergekommen. Einige Zeit später suchte er nach dem Soundtrack des Films und las zum ersten Mal das Wort „Parkour“. Seine Neugierde war geweckt, er begann weiter zu recherchieren und bereits erste eigene Moves auszutesten:

„Mein Anfang war katastrophal! Ich hab probiert, von möglichst hohen Dingen runterzuspringen, weil ich das im Fernsehen gesehen hab.“

Mit Recht schwingt Stolz in seiner Stimme mit, wenn er davon erzählt, dass er sich alles selbst beigebracht habe, weil es zu jener Zeit tatsächlich niemanden in Österreich gab, der Parkour professionell praktizierte oder gar sein Wissen weitergeben konnte. Der damals 17-jährige Alex trainierte in seiner Heimatstadt Linz und sein ebenfalls 17-jähriger Kollege Tom in Wien. Irgendwann kreuzten sich ihre Wege im Hunger nach Austausch. Von einer Szene konnte man damals also lange noch nicht sprechen, auch wenn die beiden eifrig daran arbeiteten, in ihren Städten mehr Gleichgesinnte um sich zu scharen.

Der Kopf bestimmt, was du schaffst

Damals wie heute ist Alex fasziniert von der Erkenntnis, was der menschliche Körper im Stande ist, zu leisten und zu überwinden. Er ist überzeugt, dass man mit dem richtigen Training nahezu alles erlernen könne.

„Jeder wäre physisch dazu in der Lage, aber was mit dem Kopf ist, ist eine andere Sache.“

Denn eigentlich gehe es um ganz andere Dinge, als nur Springen. Die mentale Ebene spielt im Parkour eine zentrale Rolle. Hier offenbaren sich wesentliche Verhaltensgrundsätze, die sich ganz allgemein auf unser Leben umlegen lassen: Man tut sich weder Gutes, wenn man sich laufend überschätzt oder aus Angst ständig in seiner Komfortzone bleibt. Und da schließt sich der Kreis, warum Alex die Wichtigkeit der Philosophie hinter dem Sport so hervorstreicht. Denn gerade im Parkour kann es richtig gefährlich werden, wenn man seine eigenen Grenzen nicht kennt.

Wenn das Ego dem Verstand eins auswischt

© Ben Leitner | benleitner.com

Die schmerzlichen Folgen von Selbstüberschätzung erfuhr Alex auch bereits ein paar Male am eigenen Leib, als er sich den Finger ausgekugelt oder den Mittelhandknochen gebrochen hat. Zum Glück ist es in den 14 Jahren seines Parkour-Trainings erst einmal zu einer wirklich schweren Verletzung gekommen – einem Milzriss. Aber auch diesen ordnet er heute ganz nüchtern ein:

„Der Milzriss war Selbstüberschätzung. Es hätte hinhauen können, aber ich war nicht gut genug trainiert dafür.“

Er habe sich über seine eigene Grenze gepusht und die Bewegung nicht kontrollieren können. Zu viel Geschwindigkeit reinzubringen, ohne die Technik ausreichend zu beherrschen, das sei ein klassischer Fehler. Und dann ist er eben gefallen. Aber, so ergänzt er ohne Reue und um die Erfahrung reicher:

„Ich kann jedes Mal sagen, ich war selber schuld und hab’ was gelernt daraus.“

 In allen anderen Fällen blieb es aber bei Abschürfungen und ein paar Narben. Alex Beine sind seine persönliche Landkarte von Hindernissen, die ihm noch eine Lernaufgabe mitgeben wollten. Die meisten der Kratzer am Schienbein entstanden aus Konzentrationsfehlern oder wenn nach mehreren Wiederholungen ein gewisser Automatismus Einzug hielt. „Diese Narbe hier“ – er zeigt auf einen violetten Strich auf seinem Bein – „ist aus Athen. Da habe ich erst vor Kurzem einen coolen Sprung gemacht und danach war ich unkonzentriert und es hat mich aufgehaut.“

Das Feuer bei Parkour-Neulingen entfachen

Herausfordern, aber nicht überfordern – das gilt für Alex nicht nur in seinem eigenen Training, sondern gerade auch in seinen Kursen. Neuen KursteilnehmerInnen gibt er zwei Prinzipien mit: 1. „Lass dich nicht abschrecken von Moves, die fortgeschrittenere Kurs-KollegInnen hinlegen. Habe nicht den Anspruch, Dinge zu machen, die andere auch machen.“ Und 2. „Höre auf dich, ob das, was du vorhast, vernünftig ist. Machst du es, weil es alle anderen machen oder weil du es willst und spürst, dass du es kannst?“

Wie aber weiß man nun, wo denn tatsächlich die eigene Grenze liegt? Und wann es Sinn macht, sich noch ein kleines Stück weiter zu pushen und wann Leichtsinnigkeit und der Durst nach Adrenalin überhandnehmen? „Abschätzen und mit Situationen vergleichen, die man schon einmal gemacht hat“, gibt Alex als Richtwerte an. Und wenn man sich anschließend auf die Technik konzentriert, könne nichts schiefgehen, ist er überzeugt. Dass das Abwägen einen gewissen Erfahrungsschatz fordert, macht diesen Sport für AnfängerInnen besonders herausfordernd. Am langsamen Herantasten führt daher kein Weg vorbei:

Man muss klein anfangen und viel wiederholen, wiederholen, wiederholen. Und immer Ausschau halten nach Leuten, die besser sind und von denen man lernen kann.“

Auf bewährtem Fundament aufbauen: Die nächste Parkour-Generation

Von den „alten Hasen“ abschauen und lernen zu können bedeutet, dass die jüngere Parkour-Generation heute einen maßgeblichen Vorteil genießt. Sie muss sich Technik und Wissen nicht mehr mühsam über Jahre hinweg selbst erarbeiten:

„Die Lernkurve ist heute bei jungen Leuten viel steiler, als damals bei uns. Sie lernen in 3-4 Monaten, was wir in drei bis vier Jahren gelernt haben.“

Alex sieht das ganz nüchtern, wenn er sagt, dass er in der Technik durchaus ab und zu von jüngeren Leuten überholt wird. Aber ihnen mangelt es dafür an dem jahrelang gewachsenen Erfahrungsschatz. Außerdem hat ein langsamerer Lernprozess den Vorteil, dass sich der Körper schrittweise anpasst und mitentwickelt.

Deine Stadt neu entdecken

Mit Parkour-Austria geben Alex und Tom nicht nur ihr Wissen weiter, sondern auch das Parkour-Lebensgefühl: Die Schönheit von abgefuckten Ecken der Stadt entdecken, etwa. Oder sich beim gemeinsamen Trainieren auch über die Erfolge der anderen freuen. Wenn die TeilnehmerInnen herumgehen, die Augen offen halten, beginnen, ihre Umgebung anders wahrzunehmen und sich beim Anblick von potentiellen Hindernissen die Frage stellen „Kann ich das? Kann ich das nicht?“, dann wissen die beiden Trainer, dass sie es geschafft haben, das Feuer zu entfachen.

Die zwei Parkour-Coaches möchten mit ihren Kursen auch die klassische mediale Darstellung von Parkour revidieren:

„Das mediale Bild von Parkour ist geprägt von unter 30-jährigen Männern, meistens „Oben-ohne-Typen“, die arge Sprünge machen.“

Alex ist sich sicher, dass diese Darstellung so manche/n auch abschreckt und sie widerspricht letztlich auch der von Parkour-Austria gelebten Realität:

„Wir wollen zeigen, dass Parkour nix ist, was Verrückte machen, sondern eine Sportart, die vielseitig und gesund ist.“

Dass Tom und Alex Erfolg haben mit ihrer Mission, lässt sich ganz schnell an der Vielfältigkeit ihrer KursteilnehmerInnen ablesen: Frauen und Männer unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Nationalitäten trainieren gemeinsam. Vom 14-jährigen Schüler bis zur 40-jährigen Ärztin balancieren sie alle auf Geländern, springen über Betonpfeiler und klettern über Mauern. Die Anforderungen sind im Prinzip für alle die gleichen, die Hilfestellungen variieren je nach körperlicher Verfassung und natürlich nach der jeweiligen Selbsteinschätzung. Niemand wird gezwungen, eigene Grenzen in gefährlichem Ausmaß zu überschreiten. Und trotzdem gehen alle TeilnehmerInnen am Ende eines Trainings mit ihrem persönlichen Aha-Erlebnis nachhause, weil sie etwas ausprobiert haben, von dem sie zuvor dachten, es niemals zu schaffen:

„Wenn man eine Mauer überwindet, die größer ist, als man selber. Wo man denkt, wie geht das und auf einmal ist man schon oben!“

Parkour-Training direkt bei Alex und Tom buchen: